Grüezi
Ein verhinderter Welterfolg - Politik und Operette nach 1933 am Beispiel "Grüezi" von Robert Stolz.
Es sollte nichts Geringeres werden als ein Schweizer „Rössl“: die Operette „Grüezi“ von Robert Stolz. Tatsächlich übertrifft deren verrückte Werkgeschichte mit ihren unerwarteten Wendungen und getarnten Autoren manchen Operettenstoff. „Grüezi“ und die Gründung des Musikverlags Zürich waren 1934 der Auftakt zu einem letzten Nachglühen der Gattungsgeschichte der Operette im Exil. Das Stadttheater Zürich war ab 1933 eine der wichtigsten Uraufführungsstätten vertriebener Autoren. „Grüezi“ wurde zu einem der erfolgreichsten Stücke von Robert Stolz und 1938 – samt seiner verschleierten jüdischen Mitautoren – den Nazis zur Neueröffnung des Grossen Schauspielhauses in Berlin untergeschoben. Unser musikalische Reimar Walthert lädt ein zu einer abenteuerlichen Spurensuche nach der unglaublichen Geschichte eines vergessenen Stücks.Grüezi - satirische Revueoperette und Operettenparodie
Wie das Weisse Rössl, das vier Jahre früher unter Mitwirkung der gleichen Autoren entstand, ist "Grüezi" eine Revueoperette und zugleich eine Operettenparodie. Die Inszenierung in Burgäschi hob diesen Revuecharakter hervor und war sehr unterhaltsam. Dazu Stimmen aus der Presse:
"Das muss man einfach gesehen haben"
Solothurner Zeitung Premierenbericht
"Viele ganz, ganz goldige Einfälle, das Orchester ist ganz, ganz vorzüglich, man sieht, dass ein Team am Werk ist, das Operetten tatsächlich ernst nimmt - unbedingt hinfahren"
Bayrischer Rundfunk Kopie der Sendung
Operetten-Boulevard (Original)
"Die Pointen sitzen, das Stück hat Witz, die Stimmung in der sternenklaren Nacht ist einzigartig"
Bernerzeitung Ein Hauch von Hollywood im Bergdorf
Bekannte Melodien
Obwohl Grüezi sehr selten gespielt wird, beinhaltet es wohl so viele bekannte Melodien, wie keine zweite Operette. Darunter zu finden sind zum Beispiel
- Brienzerburli
- Der Zapfenstreich
- Luegit vo Bärge und Tal
- Der Bernermarsch
- Jacques de Courtillon
- L'inverno e passato
- Himmelblaue Träume
- Jedes kleine Mädchen, hat eine kleine Sehnsuchtsmelodie
- Heisst ein Haus zum Schweizer Degen
Hintergrund
Das Schweizer Pendant zum Weissen Rössl, die Operette Grüezi von Robert Stolz, wurde seit vielen Jahren immer wieder an uns herangetragen. Wir wagten uns aber lange nicht, Grüezi in einer Grossproduktion auf die Bühne zu stellen. Zu gross erschien uns das Risiko ausbleibender Zuschauerzahlen mit einem heute unbekannten Stück. Doch die Musik zu Grüezi hatte es uns schon seit vielen Jahren angetan, wie treue Besucher unserer Operettengala unschwer bemerkt haben durften. Und so wagten wir uns im Sommer 2019 endlich an Grüezi - die Schweizer Nationaloperette.
Werkgeschichte
Grüezi entstand im Jahr 1934 für das Stadttheater Zürich und ist mit über 100 Aufführungen innerhalb derselben Saison bis heute einer der grössten Schweizer Theatererfolge.
Noch in derselben Saison wurde das Stück europaweit übernommen. So lief es zum Beispiel ab Mitte April 1935 über 50 Mal an der Scala Wien und in Berlin füllte es allabendlich die 3'000 Plätze des Theaters des Volkes. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Grüezi unter seinen zahlreichen Namen regelmässig gespielt und entwickelte sich bis in die 60er Jahren zu einem der meistgespielten Werke von Robert Stolz. Höhepunkte dabei waren die Bregenzer Festspiele 1969 (unter dem Namen "Hochzeit am Bodensee") und die beiden Produktionen im Raimund Theater in Wien 1966 und 1975. Von der italienischen Version "Ciao! Ciao!" gibt es auch einen Operettenfilm der RAI.
In der Schweiz wurde Grüezi seit der Solothurner Aufführung 1949 nur noch in reduzierten Fassungen mit Kammerensemble oder Klavier gespielt. So zum Beispiel in Sempach (1992), Kriens (1995), Root (1998), Münsingen (2001), Balgach (2007) und aktuell in Zürich (2018/2019). Zum ersten Mal seit 70 Jahren war Grüezi also wieder in der vollen Orchesterfassung in der Schweiz zu hören.
Robert Stolz
Robert Stolz gilt als der letzte Meister der Wiener Operette. Geboren wurde er 1880 in Graz. Mit 22 Jahren debütierte er als Dirigent und Komponist am Stadttheater Salzburg. Robert Stolz komponiert rund 60 Operetten und war ein gefragter Komponist für Filmmusik. Seine Schlager wurden weltweit gespielt, einige von ihnen wurden zu regelrechten Volksliedern. Vor dem Zweiten Weltkrieg emigrierte Robert Stolz zuerst von Berlin zurück nach Wien und anschliessend in die Vereinigten Staaten. Dreimal wurde seine Musik in den USA für die Oscars nominiert. Er starb 1975 im hohem Alter von fast 95 Jahren während Plattenaufnahmen in Berlin.
Robert Gilbert
Die Liedtexte und das Marschlied zur jodelnden Schildwache stammen von Robert Gilbert, der Grüezi wegen seiner jüdischen Herkunft unter dem Pseudonym Rudolf Bertram veröffentlicht hatte. In der Kommunikation nach aussen bestritt das heutige Opernhaus Zürich mehrmals, dass man mit Grüezi auch einen Beitrag zum politischen Diskurs der 30er Jahre habe leisten wollen. Mit Alois Carigiet (Bühnenbild), Mathilde Danegger (Ilonka) und Emil Hegetschweiler (Blümli) waren aber einige der wichtigsten Exponenten des politischen Cabaret Cornichons an der Erstproduktion beteiligt. Wer sich zudem von der schmissigen Musik nicht ablenken lässt und versucht die Liedtexte nach politischem Inhalt zu durchleuchten, wird in Grüezi überall fündig. Robert Gilbert war in den 30er Jahren der vielleicht erfolgreichste Textlieferant für zahlreiche Schlager. Von ihm stammen Hits wie "Ein Freund, ein guter Freund", "Irgendwo auf der Welt gibt's ein kleines bisschen Glück", "Das gibt's nur einmal, das kommt nie wieder" und auch das unvergessliche "O mein Papa", zu dem Paul Burkhard die Musik schrieb.
Inhalt
Grüezi ist eine gross angelegte Revue Operette und gleichzeitig eine Operettenparodie. Im Wilden Mann, einem Alpenhotel von Weltruf, laufen in der Vorsaison die letzten Vorbereitungen für den Sommer. Ein Filmteam aus Deutschland hat sich bereits eingefunden. Zugleich treffen auch drei junge Gewinnerinnen eines Preisausschreibens aus Paris, Wien und Mailand im Wilden Mann ein. Diese Schönheiten werden von den drei Söhnen des Hoteliers ignoriert, da diese ihrerseits allesamt in die Hotelsekretärin Gritli verliebt sind. Ihr Vater möchte den Konflikt selbstlos lösen, in dem er um die Angebetete seiner Söhne anhält. Doch da hat er die Rechnung ohne den Filmregisseuren Karl Hell gemacht.
Weitere Informationen
Newsletter 1 Grüezi - die Schweizer Nationaloperette
Newsletter 2 Grüezi - ein höchst politischer Stücktitel
Newsletter 3 Grüezi - die jodelnden Schildwachen
Newsletter 4 Grüezi - satirische Revueoperette und Operettenparodie
Newsletter 5 Umfrage und letzte Tage